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Schmuck-Stücke

Gebrauchte Preziosen bringen häufig weniger als die Verkäufer erwarten. Es sei denn, sie haben mal Liz Taylor oder Marilyn Monroe gehört.

Wenn sich Liebe in Karat wiegen ließe, muss die von Elizabeth Taylor und Richard Burton ziemlich groß gewesen sein. Gigantisch, gemessen am Gewicht der Juwelen, mit denen er sie behängte. Burton ging zu Juwelieren wie Tiffany, Cartier, Chopard und besonders gerne Bulgari wie andere Menschen zum Discounter. „ich brachte ihr das Biertrinken bei, sie mir Bulgari“, sagte Burton. Zur ersten Trauung 1964 gab es für Liz ein opulentes Collier aus 16 Smaragden, von denen 15 aus Kolumbien und einer aus Simbabwe stammten. Die Taylor trug es gerne und manchmal sonst gar nichts, wie auf dem Pool-Foto de Fotografen Helmut Newton. 1968 schenkte Burton Liz einen 33,19 Karat schweren Diamanten, der einmal Vera Krupp gehört hatte. „Ich habe meine Juwelen nie als Trophäen betrachtet, ich bin da, um für sie zu sorgen und sie zu lieben“, ließ die Diva wissen.

Neun Monate nach ihrem Tod im März 2011 kamen die „Kronjuwelen Hollywoods“ bei Christie’s unter den Hammer. Die Auktion sprengte alle Rekorde. Sie brachte fast 140 Millionen Dollar. Das Collier wechselte für 6,13 Millionen Dollar den Besitzer. Der Schätzpreis hatte bei einer Summe bis 1,5 Millionen Dollar gelegen.

Die Schmuckstücke, die beim Berliner Auktionshaus Auctionata landen, sind deutlich preiswerter. Gerade prüft eine Kunsthistorikerin einen Ring aus Weißgold mit einem grünlichen Diamanten in der Mitte: 2,8 Karat, abgewandelter Smaragdschliff. Er sitzt in einem Ring aus 32 Brillanten mit einem Gesamtgewicht von 0,60 Karat. Ein Einlieferer aus Europa hat ihn angeboten. „Ungetragen, ein zeitgenössischer Ring“, sagt die Expertin. Schätzwert: 8000 Euro. Der Startpreis wird halb so hoch sein. Ein- bis zweimal im Monat findet eine Schmuckauktion statt. An der letzten – Mitte März – nahmen mehr als 500 Bieter aus 52 Ländern teil. Die meisten boten, so wie es das Auctionat-Geschäftsmodell vorsieht, online mit. „Es gibt Auktionen, zu denen kommen gar keine Saalbieter“, sagt Schmuckexperte und Auktionator Fabian Markus.

Bei der Auktion im März gingen die meisten Stücke unter dem Schätzpreis weg. Ein Cocktailring mit einem Ceylon-Saphir von fünf Karat und Diamanten brachte 6000 Euro, 2000 mehr als geschätzt. Eine Parure, eine Schmuckkombination, aus teilweise vergoldetem Silber mit facettierten Citrinen las mit 1733 Euro 133 Euro über dem Wert, den die Experten ermittelt hatten. Die Stücke – Ohrringe, Collier, Armband, Ring, Brosche und zwei Verlängerungselemente – stammen aus Budapest. Das teuerste Stück war eine Armbanduhr des Schweizer Herstellers Vacheron. Allerdings blieb auch die mit 8666 Euro weit unter dem Schätzwert von 14000 Euro. Insgesamt wurden von 140 Objekten nur 34 Stück verkauft. „Beim Schmuck ist das normal“, sagt Auktionator Markus. Im Freiverkauf, also im Online-Shop, sei es allerdings die Kategorie, die am besten laufe. „Die Leute suchen ein Geschenk und wollen nicht lange auf die Lieferung warten.“ In der Auktion verkaufen sich dagegen Uhren besonders gut. „Sie sind eine sichere Wette.“ Soll heißen: Kunden, die eine Uhr kaufen, können mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass sie zumindest ihre Wert behält oder sogar steigert, also auch als Geldanlage taugt, zumindest wenn es sich um eine renommierte Marke handelt wie Rolex oder Tag Heuer.

In den Schätzwert von Schmuck im Wiederverkauf fließen viele Faktoren ein: Materialwert, Marke, Zustand, Epoche, Provenienz, gemmologisches Zertifikat, Repunze, Stempel des Herstellers. „Für die Emotionen, die den Käufer der Neuware vielleicht einmal zum Kauf bewogen, zahlen die Akteure am Sekundärmarkt meistens nichts, es seid denn, es hanndelt sich um die Morgengaben berühmter Persönlichkeiten“, sagt Markus. Und er ergänzt: „Die Erwartungen des Einlieferers sind meistens viel zu hoch. Die Preisunterschiede zwischen Primär- und Sekundärmarkt sind riesig.“ Der Materialwert mach Markus zufolge etwa 20 bis 30 Prozent des Preises der Neuware aus. Individuell angefertigte Stücke kosten auf dem Primärmarkt mehr als industriell gefertigte Stücke, die hundert-, wenn nicht gar tausendfach hergestellt werden. Beim Wiederverkauf erzielen individuelle Stücke häufig einen eklatant niedrigeren Preis – es sei denn, sie stammen aus berühmten Häusern wie Cartier oder Van Cleefs &Arpels, beide gehören zum Schweizer Richmont-Konzern, Bulgari – seit 2011 Teil der LVMH-Gruppe – oder Tiffany. Aber: „Wenn die Marke stimmt, läuft selbst Modeschmuck mit einem niedrigen Materialwert gut.“

Zum Sekundärmarkt gehören auch die Pfandhäuser und das Internet. Online gibt es jede Menge Plätze für gebrauchten Schmuck. Natürlich bietet auch Ebay privaten, halbprofessionellen und professionellen Verkäufern Platz für ihre gebrauchte Ware. „Wer Schmuck oder Uhren kauft, sollte auf schriftliche Angaben von Goldgehalt, Gewicht und Edelsteinqualitäten achten. Bei Uhren dürfen Hersteller und Modellbezeichnung nicht fehlen“, empfiehlt Annette Rissmann, Kunstexpertin der Versicherers Allianz Deutschland. Im Schadensfall sei der Kunde verpflichtet, solche Nachweise bei der Versicherung vorzulegen. Bei einem Ebay-Kauf werde zwar der Preis belegt, die wertbestimmenden Faktoren wie Goldgehalt oder Karat aber oftmals nicht. „Wo immer man Wertgegenstände kauft, sollten diese Angaben auf der Rechnung stehen“, sagt Rissmann. Unabhängige Sachverständige für Edelsteine und Schmuck liefert unter anderem das Sachverständigenverzeichnis der Industrie- und Handelskammern. „Viele Besitzer haben zwar einen emotionalen Bezug zu ihrem Schmuck, mach sich aber über die materiellen Vermögenswerte keine Gedanken“, sagt Rissmann.

Einige der wertvollsten Liebesbeweise werden wohl nie auf den Sekundärmarkt kommen. Schon das Wort ist zu profan für so viele Karat. Ende der 40er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts ließ George VI. für seine älteste Tochter, die spätere Königin Elizabeth, aus mehr als 100 Diamanten eine dreireihige Halskette fertigen. Das Online-Magazin Billionaires Newswire beziffert das Gewicht des Colliers auf 170 Karat. George hatte die Brillanten von seiner Mutter, Queen Mary, geerbt. Sie soll verrückt nach Juwelen gewesen sein.

Eine Garantie für lebenslange Liebe sind Karat aber auch nicht. Die Beziehung von Marilyn Monroe, die zu ihrer Hochzeit 1954 von Joe DiMaggio einen Eternity-Ring mit 35 Diamanten im Baguette-Schliff geschenkt bekam, scheiterte. Die Ehe mit dem Baseballspieler wurde noch im gleichen Jahr geschieden. Auf einer Auktion von Christie’s ging der Ring im Oktober 1999 für 772500 Dollar weg, die Experten hatten ihn auf 30000 bis 50000 Dollar geschätzt. Bei einer Auktion des kalifornischen Hauses Profiles in History im Dezember 2011 wechselte der Ring erneut den Eigentümer – laut Daily Mirror für 420000 Dollar. Die Ohrringe, die Kate Winslet im Kinofilm „Titanic“ trug, gingen in der gleichen Auktion schon für 20000 Dollar weg. Fast ein Schnäppchen.

– Süddeutsche Zeitung, April 2015, Ausgabe Nr. 77, Elisabeth Dostert

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